Maßgeschneiderte Oberflächentopografien mithilfe von Pretex®

31.03.2016 | Initiative Automotive


Maßgeschneiderte Oberflächentopografien mithilfe von Pretex®

Besonders in der Automobilindustrie gelten hohe Ansprüche an die Oberfläche von Feinblech, um hochwertige Tiefzieh- und Lackeigenschaften zu erhalten. Die Oberflächenstruktur ist dabei ein wesentliches, qualitätsrelevantes Produktmerkmal. Sie beeinflusst maßgeblich das Umformverhalten, die Klebstoff-Haftung und die optischen Eigenschaften der Automobillackierung.
Beim Pretex®-Verfahren wird die galvanische Topocrom®-Technik (Abbildung 1) angewendet: Dabei bewegen sich Chrom-Ionen aus dem Elektrolyt zur Walze, nehmen dort Elektronen auf und scheiden sich als Chrom ab. Das Chrom wächst so als Kugelsegment an, was auch charakteristische Pretex®-Kalotte bezeichnet wird.

Mit Hilfe der im Walzentexturierungsverfahren Pretex® beschichteten Walzen wird den Feinblechoberflächen, je nach Kundenwunsch, die Oberflächenstruktur  einer texturierten Arbeitswalze eingeprägt. Ihre Oberflächenstruktur wird auf die Feinblechoberfläche durch das Dressierwalzen übertragen. Außerdem wird beim Dressieren das Stahlfeinblech zwischen 0,2% und 2,0% verformt, um die Ausbildung einer ausgeprägten Streckgrenze zu vermeiden. Die Rauheitsübertragung von Walze auf Stahlfeinblech liegt zwischen 60% und 120% und hängt von Materialabmessungen, der Zugfestigkeit, der Duktilität, der erwünschten Rauheit auf dem Stahlfeinblech, dem Walzendurchmesser und der Walzkraft ab.

Die Dichte, Anzahl und Tiefe der Kalotten des texturierten Stahlfeinbleches haben einen direkten Einfluss auf die Tiefzieheigenschaften beim Verarbeiter. Ursache dafür ist die Wirkung abgeschlossener Kalotten als Schmierstoffspeicher. Der Schmierstoff wird beim Umformen abgeben und verbessert so die Reibeigenschaften. Gleichzeitig erfordert das Lackieren geringe Welligkeitswerte, die mit einem geringen Wsa-Wert beschrieben werden, um hervorragende Ergebnisse zu erzielen. Für solch anspruchsvolle Außenhautanforderungen in der Automobilindustrie ist sowohl für feuerverzinkte als auch für elektrolytisch verzinkte Feinbleche Pretex®focar® entwickelt worden.

Rauheitskennwerte

Neben weiteren werden folgende Kennwerte ermittelt:

  • Sa (surface average) ist das 3D-Äquivalent des 2D-Rauheitskennwert Ra. Dieser wird als Mittelwert aus allen Messpunkten der flächenhaften Messungen berechnet. Je höher der Sa-Wert ist, desto rauer ist die Oberfläche.
  • Smr(c) (surface material ratio, Materialanteil in der Tiefe von c µm) ist auch eine Erweiterung des 2D-Kennwertes Rmr(c). Je höher Smr(c) ist, desto mehr Material im Verhältnis zur Messfläche befindet sich in der Tiefe c. Der Zweck dieses Kennwertes ist, den Flächenanteil der Kalotten anzuzeigen.
  • Kd (Kalotten-Dichte) ist die Anzahl der Kalotten in einem 1x1mm² großen normierten Messfeld. Je höher Aussage des Kd-Wertes ähnelt der des Smr-Werts, allerdings betrachtet der Smr-Wert die von den Kalotten eingenommene Fläche, während der Kd-Wert die Anzahl der Kalotten, unabhängig von der Größe anzeigt. Je nach Fragestellung kann der sinnvollere Kennwert ausgewählt werden.
  • Krd (durchschnittlicher Kalotten-Radius) ist der durchschnittliche Radius, der aus den Radien aller Kalotten berechnet wird.

Maßgeschneiderte Topographie und Rauheit

Mit unterschiedlichen Pretex®-Texturen werden gezielt Eigenschaftskombinationen der Stahlfeinblechoberfläche eingestellt, die optimal für unterschiedliche Anwendungen wie Tiefziehen oder Lackerscheinungsbild sind.
In Tabelle 1 sind Beispiele für unterschiedliche Texturen und ihre Kennwerte dargestellt mit

  • vielen und kleinen Kalotten (Oberfläche Nr. 1 in Tabelle 1),
  • sehr vielen Kalotten (Oberfläche Nr. 2 in Tabelle 1) und
  • wenigen, aber großen Kalotten (Oberfläche Nr. 3 in Tabelle 1).
Oberfläche Nr.Ra in µmRPc in cm-1Sa in µmSmr in %Kd in mm-2Krd in µm
11,771152,036234515,6
21,451321,2048515,4
313,44421016644,5

Tabelle 1: Auswahl von Walzen-Texturen und deren Rauheitskennwerten

Zusammenfassung

Mit einem Konfokalmikroskop werden 2D- und 3D-Topographie-Eigenschaften der Walzen- und Blech-Oberfläche flächig erfasst. Die berechneten 2D- und 3D-Rauheitsparameter Materialanteil Smr, durchschnittlicher Kalotten-Radius Krd, Kalotten-Dichte Kd, mittlere flächenhafte Rauheit Sa und Spitzenzahl RPc ermöglichen eine eindeutige Beschreibung, Entwicklung und Optimierung von speziellen Topographien.

Auf der Basis dieser Kennwerte sind durch Weiterentwicklungen des Walzen-Texturierungsprozesses neuartige Topographien für Stahlbänder entwickelt worden. Unterschiedliche Kombinationen von 2D- und 3D-Oberflächeneigenschaften zeigen Vorteile beim Tiefziehen und Lackieren und erlauben eine gezielte Einstellung von Stahlfeinblech-Oberflächen für unterschiedlichste Anwendungszwecke.

In Zusammenarbeit mit mehreren PKW-Herstellern werden so die Oberflächen für noch bessere Tiefzieheigenschaften und ein verbessertes Lackerscheinungsbild optimiert.