Heilix Blechle

03.02.2016 | Initiative Automotive


Heilix Blechle

Die Salzgitter Automotive Engineering (SZAE) ist eine etablierte Größe unter Deutschlands Automobilzulieferern. Die 230 Mitarbeiter fertigen u. a. Außenhautteile für besonders exklusive Autos – wie den neuen Mercedes-AMG GT oder den Bentley Mulsanne. Ein Besuch in Georgsmarienhütte
Von Carsten Wurr (Text) und Udo Bojahr (Fotos)


Sportliches Design, 510 PS und eine Höchstgeschwindigkeit jenseits der 300 km/h:
Der Mercedes-AMG GT S ist ein Fahrzeugtraum schlechthin. Die Salzgitter Auto­motive Engineering GmbH & Co. KG (SZAE) ist durch die Herstellung von Seitenwänden und verschiedenen Strukturteilen an der Produktion der sportlichen Erscheinung des GT beteiligt.
 
Die SZAE mit ihren 230 Mitarbeitern hat sich seit Jahren als eine feste Größe im Automobilzulieferermarkt etabliert. Das Unternehmen ist Spezialist für Blechumformung im Bereich des Karosseriebaus. Das Leistungsspektrum erstreckt sich von der Herstellung produktionsreifer Serienwerkzeuge bis hin zu Bauteilen und Komponenten für Klein- und Mittelserien. Darüber hinaus entwickelt und fertigt SZAE Werkzeuge, Bauteile und Komponenten für den Konzept- und Prototypenbau aus Stahl und Aluminium. Zu den Kunden gehören im Wesentlichen die größten europäischen Automobilhersteller. Das Unternehmen wurde 1986 gegründet und gehört seit 2001 zur Salzgitter AG.

Nun ist es ja keineswegs so, dass Fahrzeuge mit dem gewissen Etwas Neuland für die SZAE sind. So hat man für die rund 450 Exemplare des legendären Bugatti Veyron auch schon mehrere Außenhautteile produziert – u. a. die Türen und die Kotflügel. Zu den Stammkunden in Osnabrück zählt weiterhin die Nobelmarke Bentley. Jürgen Schmalzriedt, Technischer Geschäftsführer der SZAE: „Für das Modell Mulsanne pressen wir 85 verschiedene Bauteile – u. a. das Dach, die Motorhaube und die Seitenwand hinten. An den Modellen Flying Spur und Continental sind wir ebenfalls mit verschiedenen Serienbauteilen aus Stahl und Aluminium beteiligt.“ Porsche lässt bei SZAE für sein Hybrid-Modell des Panamera die Öffnungen für Ladestromanschluss in der rechten Seitenwand ausschneiden und formen.
 
Die Außenhaut ist die Visitenkarte eines jeden Fahrzeugs. Schon minimale Unebenheiten stören. Deshalb ist über den gesamten Produktionsverlauf äußerste Präzision gefragt. Das beginnt schon beim Bau der Werkzeuge für die Blechumformung. Schmalzriedt: „Zunächst erfolgen die Auslegung mit den entsprechenden Simulationsuntersuchungen und die Konstruktion der Werkzeuge. Kommt der Werkzeugrohling dann aus der Gießerei zurück, wird er mechanisch bearbeitet und montiert.“

Die Werkzeuge, die aus einem Ober- und einem Unterteil bestehen – dem Stempel, dem Blechhalter und der Matrize – und die bis zu 30 Tonnen wiegen, werden schließlich in eine der fünf hydraulischen Pressen eingebaut, die maximal 1.600 t Stößeldruck entwickeln und den Blechen die endgültige Form geben. Serienteile werden abschließend stichprobenartig überprüft. Das geschieht durch 3D-Koordinatenmesstechnik sowie optisch in einem Lichtraum für Oberflächenaudit und durch Aufbringen einer speziellen Folie, das sogenannte „Folieren“.
 
Bevor Automobilhersteller mit der Serienproduktion eines Fahrzeugs beginnen, testen sie mit zahlreichen Prototypen. „Für den aktuellen Golf von VW haben wir zum Beispiel die Seitenteile für die gesamte Prototypenserie geliefert“, sagt Knut Westpfahl, Kaufmännischer Geschäftsführer der SZAE. Auch dafür baut SZAE die Werkzeuge selber. Sie werden nach Vorgaben des Kunden aber so lange modifiziert, bis die Bleche die Serienreife erreicht haben: „Mitunter pressen wir nur zwanzig Exemplare, warten dann z. B. die Fahrzeugtests ab, ändern die Werkzeuge wie gewünscht, pressen wieder eine Teilmenge Seitenwände ab – und so weiter.“
 
Die Rohkarosserie von Fahrzeugen umfasst durchschnittlich 250 bis 300 Einzelteile – in der Außenhaut und in der Struktur. Knut Westpfahl: „Produzieren können wir diese Teile alle, aber je nach Auftragssituation haben wir maximal 80 davon in der Fertigung.“
 
Jeden Tag verlassen sechs bis sieben Sattelschlepper mit Teilen das Firmengelände von SZAE –
von fünf Zentimeter langen Haltern bis zu fünf Meter messenden Außenhautteilen. Darunter sind auch Zusammenbauten wie der Schweller für den Bentley Mulsanne, der aus sieben Einzelteilen besteht und der bei SZAE in Osnabrück verschweißt wurde, sowie komplette Großserienwerkzeuge, die von Serienherstellern für ihre eigenen Presswerke geordert werden.
 
Die Diversität in der Angebotspalette mit ihren jeweils doch recht unterschiedlichen Zyklen und Laufzeiten ist wichtig für eine konstante Auslas­tung der Gewerke. Für die nächsten Jahre ist Knut Westpfahl optimistisch: „Ich denke, dass das Anfrageniveau der Automobilhersteller durch die weiter wachsende Modellvielfalt – trotz gleichzeitig zunehmender Virtualität in der Modellplanung – auf einem hohen Niveau bleibt.“